Ob Steinkohle, Eisenstein, Bleierz, Schwefelkies, Schwerspat, Kupfererz, oder Zinkerz, ca. 80 Grubenfelder können auf Plettenberger Gebiet nachgewiesen werden.
Unser Besucherbergwerk in Plettenberg, die Grube Neu Glück, ist im Internet unter www.grube-neu-glueck.de zu finden.
Informationen und Bilder zu Luftschutzeinrichtungen in Plettenberg sind hier zu finden.
Impressionen „unter Tage“
Plettenberg unter Tage – auf den Spuren alter Erzlagerstätten
Verfasser:Martin Zimmer
Innerhalb des Plettenberger Stadtgebietes und entlang der zahlreichen Wanderwege durch die umliegenden Wälder wird der aufmerksame Beobachter auch heute noch Spuren einstiger Bergbautätigkeit entdecken. So finden wir beispielsweise in der Nähe des Hotels „Weidenhof‘ am Hang des „Kohlbuschberges“ und unweit der Firma Schade im Oestertal zugemauerte Eingänge(Mundlöcher) zu alten Erzstollen. Oberhalb des ehemaligen Amtshauses (Seydlitzstraße) am „Saley“ türmen sich riesige Abraumhalden, auch „Geländenasen“ genannt. Sie entstanden, als unsere Altvorderen in mühevoller Arbeit das Nebengestein aus den Erzgängen mit Handkarren beförderten und an den Berghängen abkippten.
Im Bereich des „Bärenberges“, des „Heiligen Stuhls“, der „Hohen Molmert“ und in den Tälern des Bommecke- und Blemkebaches finden wir deutliche Spuren ehemaliger Erzstollen und Schächte. Aber auch langgestreckte Mulden und Gräben (Pingen) in unwegsamen Waldgebieten sind Zeugnisse einstiger Bergbautätigkeit. Sie entstanden durch den Einsturz unterirdischer Stollengänge. Derartige „Pingen“ sind auch rund um die Burg Schwarzenberg anzutreffen. Hier wurde einst Schiefer bergmännisch abgebaut.
„Haben wir Achtung vor dem ungeheueren Fleiß unserer Ahnen, und vergessen wir unseren heimischen Bergbau nicht!“ forderte Fritz Bertram jr. (Plettenberg) 1952 in seiner wegweisenden Dokumentation über den „Bergbau im Bereich des Amtsgerichts Plettenberg“‚). Insgesamt 137 Erzlagerstätten konnte Bertram seinerzeit noch nachweisen, die einst im Tage- oder Schachtbau erschlossen wurde). Es ist das besondere Verdienst von F. Bertram jr., daß er für seine Arbeit nicht nur die bis dahin wenig bekannten Veröffentlichungen zur Geschichte des Plettenberger Bergbau von J. D. v. Steinen (17573)), Voye, Dr.(19104)), Ernst Weimann (19145)) und P. D. Frommann (19276)) berücksichtigte, sondern auch die einschlägigen Akten heimischer und staatlicher Archive sowie jene der Bergämter in Arnsberg, Dortmund und Bonn für seine Dokumentation auswertete. Die meisten der von Bertram genannten Erzstollen sind heute nur schwer auffindbar. Der umfangreiche Forst- und Wirtschaftswegebau in den zurückliegenden Jahren und die zunehmende Bewaldung der ehemaligen Grubenfelder haben viele Zeugnisse alter Bergbautradition verschwinden lassen.
Es wäre vermessen, im Rahmen dieses Beitrages die Entwicklung des Plettenberger Erzbergbaus mit all ihren Höhen und Tiefen, ihren wirtschaftlichen Erfolgen und Mißerfolgen darzustellen. Zu oft kam der Bergbau zum Erliegen und wurde dann in Zeiten, wo bessere Gewinne zu erwarten waren, wieder aufgenommen.
Im Laufe der Jahrhunderte bildeten sich innerhalb des heutigen Stadtgebietes verschiedene Bergbauzentren, in denen Kupfer, Eisen, Blei, Zink, Schwefelkies und in geringen Mengen auch Silber gewonnen wurden. Es sind dies das Grubenfeld „St. Caspar“ mit den heute noch befahrbaren Stollen „Vorsicht“ und „Vorsehung“, die Bleierzgrube „Brandenberg“ am „Saley“, die Erzgruben im Bereich der „Hohen Molmert“ und die Zinkbergwerke im oberen Tal der „Blemke“ nahe Eiringhausen.
Nicht zu Unrecht werden die Erzlagerstätten auf dem Grubenfeld „St. Caspar“ in der Literatur als historische „Kupferstollen“ genannt‘. Sie befinden sich in unmittelbarer Nachbarschaft der inzwischen stark verfallenen Kupferbergwerke „Wilder Mann“, „Wilde Frau“, „Heidberg I“ und„Heidberg II“. — Wahrscheinlich handelt es sich bei dem Grubenfeld „St. Caspar“ um die ältesten Erzstollen im Märkischen Kreis. Deshalb soll auf ihre Geschichte etwas ausführlicher eingegangen werden.
Fritz Bertram jr. weist in der bereits erwähnten Dokumentation auf eine im Historischen Archiv der Stadt Köln aufbewahrte Urkunde aus dem Jahr 1046 hin. In ihr wird über Landschenkungen am„berrenberg im Lande der Sachsen“ berichtet:„… Erzbischof Hermann II., der Sohn Kaisers Otto II., welcher den von dem Probst Sigibold mit Hilfe des Erzbischofs Pelegrin begonnenen Neubau der St. Severinskirche vollendete, schenkte derselben bei ihrer Weihe 4 Mansen zu ochtendemk, 6 Mansen zu berrenberg im Lande der Sachsen … in der villa Berenberg, an der Lenne, welche einen Zins von 1 Pfund Silber ergaben.“‚)
1338 werden die „Koppern-Groven up dem Bermberg im Kerchspiel Plettenbracht“ als abbau-würdige Lagerstätten genannt‘. D. von Steinen weist 1757 darauf hin, daß die „Stollen und Schächte (am Bermberg) weit in den Berg hinein „gingen“ und man „aus den gewonnenen Erzen eine gute Party Kupfer geschmolzen“ habe.
Eines der ältesten noch vorhandenen Dokumente zur Plettenberger Bergbaugeschichte ist ein Publicandum des Bergamtes Hagen vom 21. Fe-bruar1771 mit dem Titel: „Bergmännischer Aufstand, von dem alten Kupferbergwerke St. Casparam Behrenberge/eine Stunde oberhalb Plettenberg gelegen“). Es handelt sich hierbei um einen Grubenbericht. Eingehende Untersuchungen nachdem 30jährigen Krieg hatten ergeben, daß die genannten Stollen über reiche Kupfererze verfügten. Das Bergamt versuchte, mit dieser „öffentlichen Ausschreibung“ Interessenten („Bergbaufreudige“) zur Wiederaufnahme des Bergbaus zu motivieren. Wie so viele Erzgruben im Sauerland, so hatte auch „St. Caspar“ eine bewegte Geschichte.
Oft wechselten die Grubenbesitzer. 1673 hatte Jobst Edmund von Brabeck, Domdechant und Statthalter von Hildesheim, Anteile an den Kupfergruben. In verschiedenen Briefen an den Großen Kurfürsten klagte v. Brabeck über die zunehmenden finanziellen Schwierigkeiten, worauf ihm für 5 Jahre Zinsfreiheit gewährt wurde. Ab 1742 hatte man die bestehenden Stollensysteme weiter vorangetrieben und teilweise durch Gesenke miteinander verbunden. Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die Grubenfelder durch das Oberbergamt Dortmundneu vergeben. Wider Erwarten hatte man abbauwürdige Erzvorkommen entdeckt, so daß für einige Jahre die Bergbautätigkeit wieder auflebte.
Ernsthafte Versuche, die Kupfervorkommenam „Bärenberg“ neu zu erschließen, begannen im Jahre 1935. Der aus Siegen stammende Bergwerksdirektor C.Dax hatte die Kupferbergwerke„Vorsicht“, „Vorsehung“, „Heidberg I/II“ eingehend untersucht und in einem Schreiben v. 31.Juli 1935 an den „Herrn Beauftragten des Führersund Reichskanzlers für Wirtschaftsfragen W.Keppler, Sonderaufgabe Deutscher Rohstoffe, Berlin …“ einen „Antrag auf Gewährung einer staatlichen Unterstützung (Grundförderung) zu Unter-suchungs- und Aufschlußarbeiten in den genannten Kupfererzbergwerken bei Plettenberg a/d. Lenne“ gestellt“‘. Dax schlug ferner vor, die bestehenden Stollen weiter vorzutreiben. Die Gesamtkosten wurden auf 100 000 Reichsmark geschätzt.
Die Ergebnisse weiterer Untersuchungen und Analysen der Kupfererze am „Bärenberg“ lassen sich in einem als „Vertraulich“ gekennzeichneten Bericht an den „Beauftragten für den Vierjahres-plan, Hermann Göring, Abteilung Rohstoffe“ entnehmen, der von einem gewissen Hans Friedrich, Berlin, verfasst und gleichzeitig auch dem damaligen Bürgermeister der Stadt Plettenberg, Dr. Eck-ger, zugestellt wurde“). Danach hatten die durchgeführten Erzanalysen u. a. einen Kupfergehalt von 27,74 % und einen Silbergehalt von 40,8Gramm per Tonne ergeben.
Vorgeschlagen wurden seinerzeit die Erweiterung des vorhandenen Stollensystems, der Abbau der einlagernden Kupfererze und die Verwertung der auf den Halde liegenden Quarz- und Erzmassen. Vorgeschlagen wurde auch der Bau einer Grubenanschlußbahn nach Plettenberg und die Wiedereröffnung der alten Schmelzhütte im Grünetal. Die Kosten für dieses Projekt wurden mit 300 000.— RM angegeben. In einer späteren Erschließungsphase sollten auch die benachbarten Erzgruben planmäßig ausgebeutet werden. Immerhin war man zu der Überzeugung gelangt, daß es sich bei den „Kupfererz-vorkommen hier (Plettenberg) um das stärkste in Deutschland“ handele“‘. Aus verschiedenen Gründen scheiterten alle sich bis in das Jahr 1938 hinziehenden Versuche, den Erzbergbau am „Bärenberg“ wieder aufzunehmen. Erneut gerieten die historischen Kupferstollen in Vergessenheit. Siebleiben aber für die Stadt Plettenberg ein einmaliges Zeugnis ihrer Wirtschaftsgeschichte. Beide Stollensysteme — „Vorsicht“ und „Vorsehung“ —wurden inzwischen auf Initiative der Stadt Plettenberg und in Zusammenarbeit mit dem „Heimatkreis Plettenberg e. V.“ sowie der „Unteren Landschaftsbehörde des Märkischen Kreises“ unter Denkmalschutz gestellt. Durch diese Sicherungsmaßnahmen, die in Absprache mit dem Bergamt Siegen getroffen wurden, konnten zudem eigenständige Winterquartiere für Lurche und Fledermäuse geschaffen werden.
Ein weiterer Schwerpunkt Plettenberger Erz-vorkommen lag am Westhang des „Saley“. Noch heute sind die ausgedehnten Abraumhalden in der Nähe des ehemaligen Amtshauses/Seydlitzstraße erkennbar. Sie gehören zu dem Bleibergwerk „Zeche Brandenberg“, deren Stollenzugänge erst Ende der fünfziger Jahre aus Sicherheitsgründen verschlossen wurden. Dieses Bergwerk zählte einst zu den größten seiner Art. Seit Anfang des 17. Jahr-hunderts wurde hier Blei, in geringen Mengen auch Kupfer abgebaut. Mehrere Stollensysteme, die 1952 von Fritz Bertram jr. noch befahren werden konnten und von ihm ausführlich beschrieben wurden, durchschneiden dieses Grubenfeld. Aus dem vorigen Jahrhundert sind noch folgende Angaben über die geförderten Erzmengen vorhanden. Danach betrug die Fördermenge in den Jahren1858/ 242 Zentner Bleierz, 1864/ 365 Zentner,1866/ 30 Zentner, 1868/ 186 Zentner Erz. Die geringe Fördermenge von 1866 ist darauf zurückzuführen, daß seinerzeit nur 3 Bergleute „vor Ort „tätig waren“.
Ein weiterer Mittelpunkt bergbaulicher Tätigkeit war die „Hohe Molmert“. Von den zahlreichen Blei- und Eisenerzgruben, deren Geschichte fast ausnahmslos bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts zurückreicht, sei hier nur auf die noch begehbaren Stollensysteme „Franziska VII“ in Holthausen und die Erzgruben „Alter Mann Blei“, „Alter Mann Zink“ und die riesigen Abraumhalden und Tagesschächte im oberen Bommecketal hingewiesen. Besondere Aufmerksamkeit gilt nach wie vor einem Stollensystem, das weit in den Berg hineinführt und in dessen Mittelpunkt der sogenannte „Zentralschacht“ mit einer Höhe von 26Metern liegt. Hier befand sich einstmals das eigentliche Abbauzentrum, von dem aus weitere Gangsysteme auf unterschiedlichem Höhenniveauabzweigen. Hinweise auf die Menge der geförderten Erze sind nicht vorhanden. Die Größe der Stollen und Schächte lassen aber darauf schließen, daß dieser Grubenbetrieb von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung gewesen ist. Erst Mitte des 19.Jahrhunderts setzte im Gebiet rund um die „Hohe Molmert“ der Bergbau in größerem Umfang ein.
Zuletzt sei noch auf die Zinkerzgruben im oberen Tal der Blemke bei Eiringhausen hingewiesen. Sie wurden am 6. April 1893 zur „Plettenberger Zinkgewerkschaft“ zusammengeschlossen. Noch um die Jahrhundertwende hatte man hier Zinkerze gefördert, zunächst im Tagebau, später mittels mehrerer Haspelschächte im Schachtbau. Die in den Schächten anfallenden Grubenwasser wurden in Tonnen ans Tageslicht gehaspelt. Ebenso förderte man das Erz in solchen Kübeln nach oben. Bereits 1867 hatte man über einem der Stollen einen Maschinenschacht von 47 m Tiefe errichtet, stärkere Fördereinrichtungen und Wasserpumpeninstalliert und die Abbaustrecken erweitert bzw. voran getrieben. So erreichte der Hauptstollen1874 eine Länge von 536 Metern. Die Erzfördermengen der „Zinkgewerkschaft“ betrugen 1868/21 781 Zentner, 1869/ 24 550 Zentner, 1879/25 000 Zentner. Seit den dreißiger Jahren werden die Stollen der ehemaligen Zinkgrube „Emilie“ von der „Eiringhauser Wassergenossenschaft“ genutzt. Umfangreiche Lagerstättenforschungen im Sommer 1984 ergaben, daß die Zinkgruben in der Blemke durchaus noch .einmal neu erschlossen werden könnten. Immerhin wird die noch vorhandene Erzmenge auf knapp 500 000 Tonnen geschätzt!
Ausgehend von den im Jahre 1952 durch F. Bertram jr. genannten Erzlagerstätten, bemühte sich u. a. auch der Unterzeichner dieses Beitrages, Plettenberger Bergbaugeschichte im Bild zu dokumentieren. Jene „vor Ort“ entstandenen Farbfotos können dem interessierten Bürger nicht nur die besonderen Schönheiten der „Plettenberger Unterwelt“ vor Augen führen, sondern ihn auch zum Nachdenken, zum Staunen anregen!
Erbärmlich waren einstmals die Lebens- und Arbeitsbedingungen, unter denen unsere Vorfahren die so genannten „Reichtümer in den Tiefen der Berge‘) bei spärlichem Grubenlicht, fast 100%iger Luftfeuchtigkeit, weiten Arbeitswegen, geringem Lohn und wenig Aussicht auf Erreichung des„Rentenalters“ zu bergen suchten.
Sämtliche Berichte zur Plettenberger Bergbaugeschichte schildern nirgendwo die besonderen Arbeitsbedingungen der Bergleute, ihre existentiellen Sorgen und Nöte. Auch ihre Namen werden nicht genannt. Schade, denn sie alle hätten es verdient, daß ihre Leistungen wenigstens später einmal anerkannt würden. Mit viel Engagement und auch mit großem finanziellem Aufwand bemühen sich Kommunen um die Aufarbeitung und Präsentation ihrer Geschichte, Was dabei leider oftmals fehlt, ist die personale Frage nach jenen Menschen, die durch ihre Leistung in vieler Hinsicht die Voraussetzungen schufen für die Entwicklung der Plettenberger Eisen- und Schmiedeindustrie.
Erze, Holzkohle, Kalk und die Wasserkraft heimischer Flußläufe, der Erfindungsreichtum und Fleiß Plettenberger Bürger bildeten die Grundlage für den wirtschaftlichen Aufstieg dieser Stadt. Sichtbarer Beweis dieser Entwicklung sind u. a. die Gründung der „Schmiedegilde“ (1648), die zeitweilige Zugehörigkeit der Stadt zur „Deutschen Hanse“ und das wenn auch nur für einige Zeit hier ansässige „Bergamt“. Vor dem Hintergrund dieser Gedanken gewinnen die zur Plettenberger Bergbaugeschichte genannten Sachinformationen vielleicht eine zusätzliche Dimension.
„Haben wir Achtung vor dem ungeheuren Fleiß unserer Ahnen, und vergessen wir unseren heimischen Bergbau nicht!“ (F. Bertram jr.)
Weitere, umfangreiche Info´zu dem Thema Bergbau im Bereich Plettenberg sind auf der Internetseite von Horst Hassel zu finden : Bergbau in und um Plettenberg