Die Oestertalsperre

Der Grund für den Bau der Talsperre war die Regulierung des Oesterbachs, da dieser eine, für die wirtschaftliche Entwicklung in der Region, wichtige Rolle spielte. Bei großer Trockenheit kamen die am Oesterbach gelegenen und mittels Wasserkraft betriebenen Fabriken oft in arge Verlegenheit, wenn im Herbst oder Frühjahr große Wassermassen zu Tal stürzten, bangten die Fabrikbesitzer um ihre Anlagen.

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Der Bau der Oestertalsperre stand anfangs unter keinem guten Stern. Drei Baugesellschaften meldeten in der Zeit von 1904 bis 1906 Konkurs an. Erst, als die Oestertalsperren-Genossenschaft 1906 die Arbeiten selbst in die Hand nahm, konnte das Bauwerk mit der Schlusssteinlegung am 31. Juli 1907 vollendet werden.(Text:Wikipedia)

Bilder vom Überlauf der Sperrmauer im Jahre 2001 finden Sie hier

 

Aus der Festschrift “ 50 Jahre Oestertalsperre“ 1903 – 1953, Oester- Wasserverband Plettenberg- Oesterau

50 Jahre Oestertalsperre

In diesem Jahre 1953 sind 5 Jahrzehnte seit der 1. Hauptversammlung der Oestertalsperren-Genossenschaft und der Baugenehmigung durch den Regierungspräsidenten in Arnsberg verflossen. Zu diesem Goldenen Jubiläum ist es wohl angebracht, unter Benutzung von Berichten und Dokumenten einen kurzen Rückblick auf die wichtigsten mit diesem Bauwerk verbundenen Ereignisse zu geben und gleichzeitig durch Bilder aus der Bauzeit und den späteren Jahren zu veranschaulichen.
Zunächst sei ein kurzer Bericht auszugsweise wiedergegeben, der anläßlichdes 25-jährigen Jubiläums und der Feier am 6. 10. 1928 verfaßt wurde:

„Am Ende des 19. Jahrhunderts waren die meisten Triebwerke hiesiger Gegend genötigt, das Wasser als Antriebskraft zu verwerten. Dadurch kamen aber die Werke bei großer Trockenheit oft in arge Verlegenheit, hingegen bildeten die großen Wassermassen, die im Herbst und Winter zu Tal stürzten, eine große Gefahr für die Anlagen der Triebwerke. Aus diesen Gründen hatten die Herren Ernst und Paul Brockhaus schon seit 1886 den Plan eines Sperrenbaues erwogen. Im Jahre 1897 arbeitete der Geheime Reg.-Rat Dr. Ing. Intze, Aachen, den ersten Plan aus. Sein Projekt sah zunächst einen Stauinhalt von 900 000 cbm vor. Jahrelange Untersuchungen der Zuflußmengen und der Bodenbeschaffenheit folgten, jedoch erst in den Jahren 1900 — 1902 nahm der Bauplan greifbare Gestalt an. Dieser Plan sah bereits einen Stauinhalt von 3 000 000 cbm vor. Die 1902 gegründete „Oestertalsperren-Genossenschaft im Kreise Altena“ schloß 1903 einen Vertrag mit dem Ruhrtalsperrenverein. Dieser Vertrag, der einen jährlichen Beitrag von 27 000,— Mark vorsah, brachte die Arbeit einen guten Schritt vorwärts. Dem Vorsteher der Genossenschaft, Herrn Paul Brockhaus, gelang es, von der Provinz einen jährlichen Zuschuß von 2 500 Mark zu erhalten.

Auf Grund der ersten Ausschreibung übernahm die Firma H. Schütte in Barmen, die soeben die Versetalsperre fertiggestellt hatte, den Bau für ca.900 000 Mark. Einige Monate nach Beginn der Arbeit geriet die Firma in Konkurs. Eine neue Ausschreibung mußte erfolgen. 1904 übernahm die Firma Lennartz, Ehrenbreitstein die Arbeiten. Aber auch diese Firma mußte 1905 ihre Zahlungen einstellen. Langwierige Prozesse und Verhandlungen waren die Folge. Im August 1905 übernahm die Firma Boswau & Knauer, Düsseldorf den Bau für ca. 1 200 000 Mark. Die Firma legte im Dezember die Arbeit vertragswidrig nieder. Auch hier folgte ein langer Streit zwischen den Parteien, erst im Jahre 1909 kamen die Verhandlungen zu einem Abschluß.

Die Genossenschaft hatte nun genug schlimme Erfahrungen gesammelt. Sie entschloß sich daher im Jahre 1906, den Bau in eigener Regie zu vollenden. Dem Reg.-Baumeister Herrn Schäfer wurde die Ausführung der Arbeiten übertragen. Nun erst ging der Bau rüstig weiter, zeitweise hatte die Belegschaft eine Stärke von 600 — 700 Mann. Im März des Jahres 1907 konnte die Füllung der Sperre beginnen. Große Schwierigkeiten waren beseitigt worden und eine Bausumme von 1800000 Mark hatte beschafft werden müssen. Nur große Tatkraft gepaart mit wirtschaftlichem Weitblick konnten dieses Werk entstehen lassen.

Der Genossenschaftsvorsteher, Herr Paul Brockhaus, erhielt bei der Schlußstein¬legung für seine Verdienste den Adlerorden 4. Klasse. — 21 Jahre hat die Sperre ihre Aufgaben erfüllt. Auf eine 25-jährige rastlose Tätigkeit kann die Genossenschaft zurückblicken. Besonders erfreulich war es, daß der Vorsteher, Herr Paul Brockhaus, in alter Frische die Erinnerungsfeier im Genossenschafts¬hause an der Talsperre eröffnen konnte. An dieser Feier nahmen folgende Gäste teil:

Herr Landrat i. R. Geheimrat Dr. Thomee, Altena, Herr Regierungsassessor Ley als Vertreter des verhinderten Herrn Landrat Graubner, Herr Oberregierungs- und Baurat Schäfer, Trier, Herr Amtmann i.R. Steinhaus, Herscheid, Herr Direktor Annemann als Vertreter des Kommunalen Elektrizitätswerks „Mark“ Hagen i. W., Herr Bürgermeister Dr. Schneider, Plettenberg“.

Aus der Gründungszeit sind folgende Protokolle und Schriftstücke erwähnenswert: Protokoll vom 31. Januar 1896

Die heute im Hotel Böley versammelten Besitzer der an der Oester gelegenen Wasserwerke erklären sich hierdurch bereit, eine Wassergenossenschaft zum Bau einer Thalsperre auf Grund des anliegenden Kosten- Anschlages von Herrn Professor Intze im Ebbethal oberhalb Himmelmert zu bilden, falls das erforderliche Anlage-Kapital in der Weise beschafft werden kann, daß kein Werkbesitzer weder zur Beschaffung noch Zurückzahlung eines Theilbetrages desselben verpflichtet ist. — Die pro Jahr für die Verzinsung, Amortisation und Unterhaltung aufzubringenden Kosten sollen nach dem von jedem Werke benutzten Wasserquantum und Gefälle, welche durch einen vereideten Sach¬verständigen jährlich festgestellt werden sollen, sowie im Verhältniß zu der Entfernung vom Bahnhof Plettenberg aufgebracht werden.

Zur weiteren Beschlußfassung soll in den nächsten Tagen eine nochmalige Zusammenkunft, zu der auch der Herr Landrath Dr. Heydweiller eingeladen werden soll, stattfinden. v. u. g.

gez. Paul Brockhaus gez. Peter Kaiser

gez. Ernst Brockhaus & Co. gez. Fr. Hammerschmidt

gez. H. Hammerschmidt gez. W. Niggemann

gez. Allhoff gez. Kühne, Fischer & Groote

gez. Carl Reinländer gez. Arthur Neumann

gez. Witwe Kissing

Der in dem Protokoll erwähnte Voranschlag sieht bei einem Stauinhalt von 900 000 cbm eine Gesamtbausumme von 456000,— Mark vor. — Ein Telegramm des Herrn Prof. Intze, Aachen vom 14. 11. 1899 besagt: „3 Millionen Stauinhalt Oesterthaler kostet 1 100 000 Mark, 2,5 Millionen Inhalt 920 000 Mark, Brief unterwegs. Entscheidung, wie groß Sie wünschen, morgen erwünscht, da Donnerstag Sitzung des Vorstandes. Intze“. Die Antwort lautete: „Wollen an 3 Millionen festhalten, Brief unterwegs. Brockhaus“. — Eine gute Nachricht brachte das Telegramm des Herrn Landrat Thomee vom 4. 1. 1901: „Ruhr¬thalverein bewilligte heute 27 000 Mark Jahresbeihülfen. Glückauf Thomee“

Die Baugenehmigung für die Talsperre wurde mit Schreiben vom 23. März 1903 vom Herrn Regierungspräsidenten in Arnsberg erteilt. Sie hat folgenden Wortlaut:

Der Oestertalsperren-Genossenschaft erteile ich hiermit die landespolizeiliche Genehmigung zur Anlage einer 3 Millionen cbm fassenden Talsperre im Oestertale nach der Maßgabe des Projektes des Geheimen Regierungsrates Professor Intze vom Dezember 1900 nebst Ergänzungen vom Mai 1901 und 1902 unter folgenden Bedingungen:

1. Die Bauausführung der Sperrmauer muß unter technischer Aufsicht des Staates erfolgen. Die Ansetzung der Fundamente darf erst erfolgen, nachdem das tragende Felsgestein durch meinen technischen Referenten geprüft und für einwandfrei erklärt worden ist.

2. Die fertige Mauer bedarf landespolizeilicher Abnahme und muß regel¬mäßigen Untersuchungen nach meinerseits zu erlassenden Anordnungen unterworfen werden.

3. Über die Ausführung der Anlage sind nach Vollendung Revisionszeich¬nungen vorzulegen, deren Richtigkeit von der Bauleitung zu bescheinigen ist.

4. Für den Stauwärter, welcher unter technische Aufsicht des Staates zu stellen ist, muß eine von mir zu genehmigende Dienst- und Stauordnung erlassen werden. I. A.

gez. Müller

Nach Erhalt der Baugenehmigung traten die Mitglieder der Oestertalsperren¬Genossenschaft am 28. April 1903 zu der durch den Kommissar des Herrn Regierungspräsidenten zu Arnsberg auf Grund des § 23 der Genossenschaftssatzung einberufenen 1.Hauptversammlung in Plettenberg.- Nachstehend einige Auszüge aus dem Protokoll:

Nachdem die Satzungen der Oestertalsperren-Genossenschaft im Kreise Altena unter dem 9. 3 1903 die Genehmigung der zuständigen Herren Minister gefunden haben, ist in Ausführung einer Anordnung des Herrn Regierungs¬präsidenten zu Arnsberg vom 19. März 1903 J-No. A Ilca 926 auf heute die erste Hauptversammlung der Mitglieder der Genossenschaft einberufen worden unter Mitteilung der Tagesordnung:

Wahl und Einsetzung des Vorstandes der Talsperren-Genossenschaft.

Vor Eintritt in die Tagesordnung wurden die Zustellungsurkunden über die erfolgte Ladung vorgelegt. Außerdem wurde die No. 41 des Süderländer Wochenblattes vom 4. April 1903, worin die Ladung zur heutigen Verhandlung abgedruckt ist, vorgelegt.

Versammlung erkennt demnach an, daß sämtliche Mitglieder der Genossen¬schaft ordnungsmäßig geladen worden sind. (§§ 23, 25 der Satzungen) Demnächst werden die genehmigten Satzungen durch Verlesung zur Kenntnis gebracht.

In Erledigung der Tagesordnung wurde alsdann zur Wahl des Genossenschafts Vorstandes geschritten und zunächst die Wahl des Vorstehers vorgenommen. Da kein Widerspruch erfolgte, wurde die Wahl durch Zuruf bewirkt. Aus der Wahl ging hervor Herr Fabrikant Paul Brockhaus zu Oesterau. Zum Stellvertreter des Vorstehers wurde gewählt Herr Walther Brockhaus zu Wiesenthal.

Als Beisitzer wurden gewählt die Herren

Carl Reinländer, Plettenberg Wilhelm Niggemann, Plettenberg

Wilhelm Allhoff, Plettenberg Ernst Hanebeck, Plettenberg

Zu Stellvertretern der Beisitzer wurden gewählt die Herren

Karl Myläus jr., Plettenberg P. W. Fischer, Plettenberg

Fritz Rump, Altena Julius Brockhaus, Wiesenthal

Nachdem danach die Tagesordnung ihre Erledigung gefunden hatte, wurde dieses Protokoll vorgelesen, genehmigt und von den Anwesenden wie folgt unterschrieben:

gez. Paul Brockhaus gez. Fr. Hammerschmidt

gez. Karl Myläus jr. gez. P. W. Fischer

gez. Wilh. Damm gez. W. Niggemann

gez. Ernst Brockhaus & Co., GmbH. gez. Peter Kaiser

W. Brockhaus Jul. Brockhaus ppa. C. Kaiser

gez. E. Hanebeck gez. Wilhelm Allhoff

gez. Franz Mayer gez. Carl Reinländer

Geschlossen: gez. Thorn6e, Königlicher Landrat,

Kommissar des Herrn Regierungspräsidenten in Arnsberg.

Nunmehr konnte zur Beschaffung des Baukapitals die Verbindung mit der Provinz Westfalen in Münster aufgenommen werden. Zunächst wurde ein Kapital von 1 150 000 Mk. aufgenommen. Die Schuld-Urkunde hierüber hat fol¬genden Wortlaut:

Wir Endesunterschriebene als gesetzliche Vertreter der Oesterthalsperren Genossenschaft im Kreise Altena bekennen hierdurch, daß wir auf Grund der Ermächtigung der Königl. Regierung zu Arnsberg als der vorgesetzten Aufsichts¬behörde von der Landesbank der Provinz Westfalen zu Münster ein baares Darlehn von 1150000,— Mark, wörtlich: Eine Million einhundertfünfzig-tausend Mark richtig empfangen hat. Indem wir über den Empfang dieser Summe hierdurch quittieren, verpflichten wir uns, das Darlehn vom Tage der Zahlung ab mit 33/4 0/0 jährlich zu verzinsen und mit 1/2 °/0 jährlich zu tilgen, in der Weise, daß nach Ablauf jedes Jahres die getilgten Beträge vom Kapitale abgeschrieben und die Zinsen des so getilgten Theiles ebenfalls zur Tilgung verwendet werden.

Die Zinsen und die Tilgungsraten sind halbjährlich am 31. März und 1. Oktober jeden Jahres mit jedesmal 24 437,50 Mark an die Kasse der Landesbank zu Münster portofrei zu zahlen. Die Tilgung beginnt mit dem der Entnahme des ganzen Darlehnsbetrages folgenden 1. April. Bis dahin sind die Theilzinsen am 31. März bzw. 1. Oktober zu entrichten.

Der Schuldner ist verpflichtet, nach dreimonatlicher Kündigung Seitens der Landesbank das Darlehn zurückzuzahlen, wenn er entweder ein Jahr lang mit mehr als der Hälfte seiner Tilgungsraten oder Zinszahlungen im Rückstande ist, oder wenn diese nur durch Zwangsmittel in dem gleichen Zeitraume haben erlangt werden können, oder wenn gegen den Schuldner von Dritten eine Zwangsvollstreckung durchgeführt ist. Außerhalb dieser Fälle hat die Landesbank nur das Recht sechsmonatlicher Kündigung.

Der Schuldner ist nicht berechtigt, vor Ablauf der ersten zehn Jahre andere Rückzahlungen zu machen, als sie aus der planmäßigen Tilgung sich ergeben. Nach Ablauf dieser 10 Jahre ist Schuldner berechtigt, gegen sechsmonatliche Kündigung mehrere Tilgungsbeträge oder auch den ganzen Darlehnsrest auf einmal zu zahlen. — Die Abhebung des Darlehns erfolgt durch den Genossen¬schafts-Vorsteher Fabrikant Paul Brockhaus in Oesterau.

Plettenberg, den 6. November 1903

Oesterthalsperren-Genossenschaft im Kreise Altena Der Vorsteher: gez. Paul Brockhaus

Der Vorstand: gez. Allhoff

gez. E. Hanebeck

gez. W. Niggemann

gez. Carl Reinländer

Daß die vorstehend Unterzeichneten die gesetzlichen Vertreter der Oester

talsperren-Genossenschaft im Kreise Altena sind, wird hierdurch beglaubigt.

Altena, den 10. November 1903 Der Landrat

Stempelmarke (Siegel) gez. Thomee

Genehmigt auf Grund der §§ 49 und 51 des Wassergenossenschaftsgesetzes vom 1. April 1897 und des Artikels 2 des Gesetzes vom 19. Mai 1891 betreffend Abänderungen zum Wassergenossenschaffsgesetze für das Gebiet der Wupper und ihrer Nebenflüsse — ausgedehnt auf das Gebiet der Lenne und ihrer Nebenflüsse — durch Allerhöchste Verordnung vom 30. Dezember 1891.

Arnsberg, den 21 November 1903 Der Regierungspräsident

In Vertretung

A Ilc 4179 gez. Unterschrift

Auf der gleichen Urkunde ist dann auch die Rückzahlung wie folgt bescheinigt:

Vorstehend verbrieftes Darlehn von 1 150 000,— Mark wörtlich: Eine Million

einhundertfünfzigtausend Mark ist an die Landesbank der Provinz Westfalen

zurückgezahlt worden.

Münster, den 17. Februar 1923 Landesbank der Provinz Westfalen

Darlehn-Abteilung

gez. Darpe gez. Unterschrift

Infolge der geschilderten widrigen Bauverhältnisse mußte am 25. Juni 1906 ein weiteres Darlehn von 580 000,— Mark aufgenommen werden. Die Zinsen und Tilgungsraten betrugen halbjährlich 13 340,— Mark. Die Schuldurkunde hat den gleichen Wortlaut wie die vorher beschriebene. Die Schuldsumme wurde laut Quittung ebenfalls bis zum 17. Februar 1923 an die Landesbank zurückgezahlt.

An Zinsen und Amortisationen ergab sich also für beide Anleihen ein Jahres¬betrag von zusammen 75 555,— Mark, wovon der Ruhrtalsperrenverein 27 000,— Mark und die Provinz 2 500,— Mark übernahmen. Für die Genossen verblieben immerhin noch 46 055,— Mark jährlich zu zahlen, eine für die damalige Zeit anerkennenswerte Leistung. Wie bereits berichtet, haben von 1903 —1905 nacheinander drei Bauunternehmer an der Talsperre gearbeitet, während die Fertigstellung in eigener Regie unter der energischen Leitung des Reg.-Baumeisters Schäfer in weniger als Jahresfrist erfolgen konnte. Es waren große Schwierigkeiten voraufgegangen, die sich insbesondere auf die Beschaffung brauchbarer Bruchsteine bezogen. Sie mußten schließlich aus einem 3 km entfernt liegenden Steinbruch unterhalb Dingering¬hausen auf einer Feldbahn herangeschafft werden, während die übrigen Baumaterialien mit der Plettenberger Kleinbahn und durch den Fuhrunternehmer Schlahme bis Wiesenthal und anschließend ebenfalls mit einer Feldbahn transportiert wurden. An dem Bau waren Arbeiter aus allen Nationen, insbesondere Italiener und Kroaten, beschäftigt.

Die Worte des Vorstehers, Herrn Paul Brockhaus, bei der Grundsteinlegung 1907 seien hier festgehalten:

„Des Wassers Flut durch dich gebannt.

zum Segen für das Oestertaler Land.“

Nach Fertigstellung der Sperre schloß die Genossenschaft zur Ausnutzung des direkten Wassergefälles einen Pachtvertrag mit der Firma Lenne¬Elektrizitäts- und Industriewerke, Hagen i.W. Die Firma errichtete daraufhin einige hundert Meter unterhalb der Sperrmauer ein Kraftwerk, das mit dem Ablaufstollen der Sperre durch eine unterirdische Rohrleitung verbunden ist. Mit den in diesem Werk geschaffenen Einrichtungen werden rund 450 000 KWh pro Jahr erzielt.

Der Entschluß zum Bau eines Genossenschaftshauses wurde noch vor Beendigung der Sperrenarbeiten gefaßt, um gleichzeitig die noch vorhandenen Bestände an Steinen, Holz, Kalk usw. zur Verwendung zu bringen. So entstand das direkt an der Sperre liegende schmucke Gasthaus, das nicht nur dem Talsperrenwärter als Wohnung dient, sondern alljährlich in den Sommermonaten vielen Gästen einen Aufenthalt mit herrlichem Ausblick auf den See und die Berge bietet.

Schon bald nach Benutzung der Sperre zeigte sich, daß die im unteren Oestertal liegenden Werke besonders in der trockenen Jahreszeit, wo nur das Sperrenwasser zur Verfügung steht, in den ersten Tagesstunden über Wassermangel zu klagen hatten. Die Anlage eines Ausgleichweihers, aus welchem bis zum Eintreffen des Sperrenwassers die Turbinen dieser Werke versorgt werden, half diesem Übelstand ab. Im Frühjahr 1909 wurde dieser Ausgleichweiher von der Baufirma Karl Kirchhoff, Plettenberg, hergestellt, Das Wehr und der Obergraben dieses Sammelteiches hatte durch Hochwasser und Verkiesungen fast jährlich zu leiden. Um die damit verbundenen hohen Reparatur- und Räumungskosten zu vermeiden, wurden 1949 ein hochwasser¬freier Obergraben und ein sich selbstständig regulierendes Klappenwehr angelegt und bis 1953 weitere kostspielige Reparaturarbeiten durchgeführt.

In den 50 Jahren des Bestehens der Sperre hat sich gezeigt, von welch großer Bedeutung dieses Bauwerk für das Oestertal ist. Die Sperre spendet in den trockenen Monaten das nötige Wasser für die Turbinen zum direkten Antrieb von Transmissionen oder zur Erzeugung von elektrischer Energie, während das Auffüllen der im Sommer leer gelaufenen Sperre in den regenreichen Monaten oder in der Zeit der Schneeschmelze das Tal vor Hochwasserschäden schützt. Nur einmal in all den Jahren und zwar in dem besonders trockenen Jahr 1937 war der Wasserspiegel so weit gesunken, daß ein weiteres Ablassen der geringen Wassermenge keinen Nutzen mehr brachte. Da entschloß man sich zur vollständigen Entleerung der Sperre zum Zwecke der Durch¬führung von Reparaturen. Das Süderländer Tageblatt vom 11.11. 37 brachte damals folgenden Bericht:

„Schon öfter hatte die Sperre im Laufe der Jahre ihre Kraft erschöpft, war ihr Wasserstand beängstigend tief gesunken, heute ist sie nun völlig wasserleer. Ein anderes, ungewohntes Bild bietet sich dem Besucher, kein grünumsäumter blitzender Wasserspiegel, in eine graue Schlammwüste schaut er von der Mauer hinab. Schlamm bedeckt die ehemaligen Wiesenflächen und die Hänge mit den Stumpen des früheren Waldbestandes. Das Bächlein hat sein früheres Bett wiedergefunden, der alte Fahrweg nach Kiesbert und den anderen Ortschaften ist noch gut zu erkennen, sogar die alte Holzbrücke in diesem Weg hat die 30 Jahre Wassergrab überstanden; den älteren Bewohnern der Umgegend ist sie unter dem Namen „Suebrügge“ noch in Erinnerung.

Über alles hat sich jedoch ausgleichend eine dicke Schlammschicht gelegt. Wer weiß, ob nach weiteren 30 Jahren Bachlauf und Straße noch zu erkennen sind. Wenn die Reparaturarbeiten an den Abflußrohren und Gittern schnell beendet sind, und mit der Stauung bald wieder begonnen wird, kann ein regenreicher Winter das Wasserreservoir bis zum nächsten Frühjahr wieder füllen. Beim Ablassen des Wassers mußte natürlich der ganze Fischbestand des Staubeckens eingefangen werden. Zu diesem Zweck nahmen Männer unterhalb der Sperrmauer Aufstellung und holten die aus den Rohrleitungen herauskommenden Fische aus dem schlammigen Wasser. Die wertvollen Laichfische wanderten in die nahegelegenen Fischteiche. Der Fischzüchter Schäfer kann sie gut zur Zucht gebrauchen, die anderen dagegen werden demnächst in irgendeiner Bratpfanne ihr irdisches Dasein beschließen. Selbst-verständlich hatte sich eine große Anzahl Zuschauer eingefunden, um dieses Schauspiel mit zu erleben.“

Die Sperrenanlagen werden von einem Sperrenwärter betreut. Von der Fertigstellung der Sperre bis zu seinem Tode im Jahre 1934 hatte Herr Wilhelm Zobel dieses Amt inne. Herr Zobel, der schon beim Bau der Sperre als Kantinenwirt tätig war, war dadurch mit den gesamten Sperrenanlagen aufs engste verbunden und verwachsen und daher auch der rechte Mann am rechten Platz.,

Zu seinem Nachfolger wurde Herr Adolf Denker gewählt. Bevor Herr Denker sein Amt übernahm, wurde das Genossenschaftshaus umgebaut und zweckmäßiger gestaltet. In seine Amtszeit fielen auch die schweren Kriegs¬jahre 1939 — 1945. Als Angriffe auf die Talsperren befürchtet wurden, sorgte man rechtzeitig für den Schutz der Sperrmauer durch Anbringung eines starken Holzrostes, der an Schwimmbojen befestigt war. Zeitweilig war auch eine Flakabteilung für den Schutz der Mauer eingesetzt. Während andere Sperren, so vor allen Dingen die nicht weit entfernt liegende Möhnesperre, durch feindliche Fliegerangriffe im Jahre 1943 schwer beschädigt wurden und die ausstürzenden Wassermassen unermeßlichen Schaden anrichteten, ist die Oestertalsperre und damit das Oestertal durch ein gütiges Schicksal hiervon verschont geblieben. Der Umsicht des Herrn Denker ist es auch zu verdanken, daß kurz vor Kriegsschluß Sprengungen an der Sperrmauer verhindert wurden.

Einer gesetzlichen Bestimmung entsprechend wurde die Genossenschaft 1936 in einen öffentlich rechtlichen Wasserverband umgeändert.

In den letzten Jahren zeigten sich an der Sperrmauer verschiedene Schäden, sodaß man gezwungen war, in den Jahren 1949-50 zu größeren Reparatur¬arbeiten zu schreiten. Mit einem großen Kostenaufwand, an dem sich die Regierung mit einem namhaften Zuschuß beteiligte, wurden seitens der Firma Gelhausen, Hunswinkel die Schäden an der Wasser- und Luftseite der Sperrmauer beseitigt. — In diesem Jubiläumsjahr mußte auch der Einfluß in die Talsperre durch ein umfangreiches Mauerwerk reguliert werden, womit gleichzeitig einwandfreie Fischreusen angelegt wurden. Es läuft ein Antrag, die Oestertalsperre zum geschlossenen Gewässer erklären zu lassen.

In den Sommermonaten bietet die Sperre vielen Menschen Gelegenheit zur Erholung. An warmen Tagen ist der Badestrand reich bevölkert. Um das waldige Gelände in seiner ursprünglichen Form zu erhalten, hat die Natur¬schutzbehörde das Gebiet rund um die Sperre unter Landschaftsschutz gestellt.

Der stellvertretende Vorsitzende, Herr Walther Brockhaus, der an den Arbeiten von Anbeginn an regen Anteil genommen hatte, starb bereits 1934. 1936 folgte ihm im hohen Alter auch der Vorsitzende, Herr Paul Brockhaus. Nunmehr übernahm Herr Julius Brockhaus den Vorsitz bis zu seinem Tode im Mai 1952.

Der heutige Vorstand setzt sich wie folgt zusammen:

Werner Brockhaus, Vorsitzender

Dr. Walter Brockhaus, stellvertretender Vorsitzender Walter Au

Siegfried Brockhaus

Heinrich Holthaus

Otto Kaiser

Als Geschäftsführer waren bestellt von 1907 — 1934 Herr Heinrich Gilbert und ab 1935 Herr Wilhelm Arndts.

Zu dem Oester-Wasserverband gehören folgende Firmen, die in ihrer örtlichen Lage von Himmelmert bis Plettenberg aufgeführt sind, wobei gleichzeitig die Beteiligungssätze genannt seien:

Franz Mayer GmbH., Plettenberg-Himmelmert 13,00 0/0

Ernst Brockhaus & Co. GmbH., Plettenberg-Wiesenthal 43,89 °A

(einschl. Werk Lettmecke)

Paul Brockhaus GmbH., Plettenberg-Oesterau Abt. 1 u. II 13,54 %

J. Rempel, Plettenberg (Oesterwerk) 5,88 90

Langenbach & Köster, Plettenberg 5,34 0/0

Rasche Nachf., Plettenberg 4,09 %

Allhoff & Müller, Plettenberg 5,00 %

W. Dunkel, Mühle, Plettenberg 0,13 %

Gebr. Myläus, Plettenberg 2,35 %

Ludw. Seissenschmidt, Plettenberg 0,95 %

Voß & Schröder, Plettenberg 2,33 0/0

Peter Kaiser, Plettenberg 1,27 0/0

W. Niggemann, Plettenberg 2,23 %

Zum goldenen Jubiläum fand am 29. Dezember 1953 im Genossenschaftshaus an der Oestertalsperre eine kleine Erinnerungsfeier statt, woran die Vertreter der Mitgliedsfirmen und ihre Damen teilnahmen.

Vielleicht hat die Sperre heute im Zeitalter der Elektrizität und im kommenden Zeitalter der Atomkraft für die Kraftanlagen der industriellen Werke nicht mehr die gleiche Bedeutung wie vor 50 Jahren, aber zur Verbilligung der Kosten wird sie stets beitragen und von großem Wert bleiben für die allgemeine Wasserhaltung, wofür ja auch heute immer wieder neue Sperren, seien es große oder kleine, gebaut werden.

Das stolze Bauwerk ist und bleibt aber auch ein Denkmal für die Tatkraft unserer Väter und wir können diesen Bericht nur schließen, indem wir unserer Väter mit Stolz und Dankbarkeit für das geschaffene Werk gedenken.

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© M.Schmellenkamp
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